Meine Lieben,
am Samstag Abend wurde ich von Freunden gefragt, ob ich am nächsten Tag nicht mit aufs Land fahren will, da Mas L an einer Veranstaltung Namens Jatilan in seinem Nachbardorf teilnimmt. (Mas ist die Höflichkeitsform für junge Männer auf Java und wird auch verwendet um Männer anzusprechen, deren Namen man nicht kennt wie im Restaurant, im Geschäft etc.).
Ohne zu wissen, was mich erwartet habe ich spontan zugesagt. So sagten sie mir, dass sie mich um 6 Uhr zu Hause abholen. Wir fahren mit dem Roller - Mbak D mit Mas L und ich mit Mas B. Mbak D ist nämlich nicht ganz davon überzeugt, dass die Vespa die Steigung des Berges schafft. Ich persönlich glaube ja nicht, dass sie Recht hat - und die Männer übrigens auch nicht ;). (Mbak ist die Höflichkeitsform für junge Damen).
harimau (Tiger) |
Um 5:30 Uhr bin ich also aufgestanden und habe mich fertig gemacht und gewartet. Es hat dann doch bis 8 Uhr gedauert, bis sie gekommen sind. Wie sich herausgestellt hat, sind sie mit den Vorbereitungen um 5 Uhr erst fertig geworden. Sie haben die Tage vorher und eben auch die Nacht über Masken aus Holz und auch diesen Tiger (s. Bild links) hergestestellt. Mas B. wollte nur kurz zu Hause duschen und ist eingeschlafen ;)
So habe ich die Zeit am frühen Morgen genutzt und ein paar Fotos für Euch gemacht. Schließlich saß ich doch eine ganze Weile auf der Bank vor dem Haus.
Frontalblick von der Bank |
Blick nach rechts |
Hinter der blauen Tür verbirgt sich die Küche und der Waschraum.
Als sie dann kamen sind wir über zwei Stunden Richtung Süd-Osten gefahren. Durch Wonosari hindurch und letztendlich in Ngampel, Sidorejo, Ponjong, Gunung Kidul gelandet. Zwischen Wonosari und dem Zielort sind wir kurz stehen geblieben. Mbak D hat etwas am Straßenrand gekauft. Wie sich später herausstellte, kaufte sie belalang (Heuschrecken).
belalang (Heuschrecken) |
Im Dorf angekommen, gab es erst einmal Frühstück: Suppe, Reis, Krupuk etc. Es war schon alles für die Veranstaltung aufgebaut. Ein großer Platz mit einem eingezäunten Bereich, dahinter ein Gamelanorchester und ein abgesperrter Bereich mit Sichtschutz, viele Fahnen und kleine Stände, die Eis, Getränke und Snacks verkauften. Es wirkte so, als ob die DarstellerInnen nur noch auf uns gewartet haben. Mit Freude haben Ls Freunde die Masken ausgepackt.
Obwohl noch nicht so viele Zuschauer da waren, fing die Veranstaltung auch schon an. Die Männer gingen raus und tanzten den Tari Kuda (tari = der Tanz, kuda = das Pferd).
So sieht es hinter der Bühne aus |
tari kuda |
Es handelt sich um einen sehr langen Tanz. Der v.a. die Feinmuskulatur beansprucht.
Nach ca. 20 Minuten begaben sich alle Tänzer in die Mitte und was passierte da ... Die Tänzer fielen schlagartig nach außen und wirkten wie ausgetauscht - als wären sie nicht sie selbst.
Später habe ich erfahren, dass Jatilan ein Brauch ist. In regelmäßigen Abständen holt man eine Jatilan-Gruppe ins Dorf, um die Geister zu besänftigen und ihnen die Möglichkeit zu geben in einen Menschenkörper zu schlüpfen, zu essen und zu trinken. Es ist schwierig für mich das Ganze in Worte zu fassen. Die TänzerInnen waren wie ausgetauscht, haben Blumen, Bananen mit ganzer Schale gegessen und Wasser aus einem Kübel getrunken. Am Nachmittag war der Platz voll mit Zuschauern und selbst von den Zuschauern sind vier in dieses Muster verfallen, sie hatten Zuckungen, haben Geschrien etc. Diana hat immer von 'trans' gesprochen.
tari kuda |
tari kuda |
Nach der Veranstaltung sind wir noch zu Ls Großeltern gefahren. Selbst seine Urgroßmutter lebt noch und ist schon 103 Jahre alt. Vor dem Haus steht ein kleiner offener Stall. Sie haben drei Ziegen, zwei Kühe und gerade auch ein Kalb. Als wir abends um 22 Uhr aufgebrochen sind - alle waren hundemüde und wir hatten noch die lange Fahrt vor uns - dachte ich, ich sehe nicht richtig. Der Stall mit den Kühen sah aus wie das Bild aus der Weihnachtsgeschichte. Ich habe versucht es zu fotografieren. Leider ist es nichts geworden.
ein Kalb in Indonesien |